Das Daemonenschiff by Wolfgang Hohlbein

Das Daemonenschiff by Wolfgang Hohlbein

Autor:Wolfgang Hohlbein [Hohlbein, Wolfgang]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783802535390
veröffentlicht: 2007-11-15T00:00:00+00:00


7

Die Flotte war tatsächlich noch eher als von Thure angestrebt ausgelaufen, jedenfalls hatte er das behauptet. Andrej konnte es nicht beurteilen – der Tag war für seinen Geschmack nie wirklich zum Tag geworden, sondern so grau, trüb und nass geblieben, wie er angefangen hatte, und es war ihm immer rätselhafter, wie die Menschen hier das Verstreichen der Zeit überhaupt maßen. Für ihn, und auch für Abu Dun, war der Himmel eine einzige, eintönige graue Fläche, auf der es nichts gab, was dem Blick Halt geboten hätte und auf der es unmöglich war, die Richtungen zu lesen.

Er hatte fast den ganzen Tag im Bug des Schiffes stehend zugebracht und in die Richtung geblickt, in die die Fenrir von den ebenso gleichmäßigen wie kraftvollen Ruderschlägen der Männer angetrieben lief, und das Gefühl heraufziehenden Unheils hatte in all der Zeit keinen Moment nachgelassen, sondern sich im Gegenteil zu etwas verdichtet, das mehr Gewissheit als Warnung zu sein schien.

Aber nichts war geschehen. Vielleicht war es ja tatsächlich so, wie Thure es am Morgen über seine Schwester gesagt hatte: Vielleicht entsprangen seine düsteren Vorahnungen nichts anderem als seiner Angst um Urd … die er übrigens den ganzen Tag über nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Wenn sie tatsächlich als Navigator an Bord gekommen war, so schien sie ihre Aufgabe auf eine andere Art zu erledigen, als Andrej es jemals erlebt hatte, denn sie hatte ihr Zelt kein einziges Mal verlassen. Und auch Abu Dun hatte sich den ganzen Tag über in beleidigtes Schweigen gehüllt und die wenigen Versuche Andrejs, mit ihm ins Gespräch zu kommen, entweder gar nicht oder mit patzigen Bemerkungen beantwortet.

Als das monotone Grau des Tages allmählich wieder zum ebenso gleichförmigen Schwarz der Nacht zu werden begann (Andrejs trügerische Hoffnung, es könne in einer Umkehrung der bösen Überraschung von heute Morgen nunmehr wärmer werden, hatte sich nicht erfüllt), sah er endlich ein, dass vermutlich er es war, der sich kindisch benahm, und gab seinen einsamen Ausguck unter dem starrenden Wolfsschädel am Bug der Fenrir auf. Abu Dun hockte auf einer Ruderbank und machte sich einen Spaß daraus, einen schweren Riemen, der überall sonst von zwei Männern bedient wurde, mit nur einem Arm zu handhaben (und das mit einer gelangweilten Miene) und maß ihn mit einem spöttischen Blick, als er näher kam. Das allein reichte, Andrej jegliche Lust auf eine Unterhaltung mit dem Nubier zu nehmen. Abu Duns Grienen wurde nur noch breiter, und Andrej spürte seinen belustigten Blick zwischen den Schulterblättern, als er einfach mit steinernem Gesicht an ihm vorbeimarschierte und auf das kleine Zelt im Heck des Schiffes zusteuerte.

Urd saß mit dem Rücken zum Eingang, als er die Plane beiseiteschlug, und hatte sich über eine Anzahl kleiner, mit ebenso kompliziert wie barbarisch anmutenden Runen beschrifteter Steine gebeugt, die sie nach einem bestimmten Muster ausgelegt zu haben schien. Sie sah nicht zu ihm zurück und hob nicht einmal den Kopf, schien aber trotzdem ganz genau zu wissen, dass er es war, denn sie sagte mit schnippischer Stimme: »Ich habe mein Nähzeug gefunden, danke.«

Andrej



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